Radwege an der Oelser Straße – weiterhin Risiko bei der Umsetzung
Seit über 15 Jahren befasst sich die Stadt Nürnberg mit der Anlage eines Radwegs an der Oelser Straße. Im März 2022 schien die Realisierung zum Greifen nah. Doch in einer Sitzung des Verkehrsausschusses kam es nun zu einem Rückschlag.
Eine unendliche Geschichte … seit über 15 Jahren befasst sich die Stadt Nürnberg mit der Anlage eines Radwegs an der Staatsstraße 2401 auf der Oelser Straße entlang des Ortsteils Altenfurt. Im März 2022 schien die Realisierung zum Greifen nah. Fertige Pläne für den 1250 m langen Abschnitt zwischen Liegnitzer Straße und Bregenzer Straße waren ausgearbeitet, der Bayrische Freistaat übernimmt die Kosten für den Radweg an seiner Straße. Und doch landeten die Pläne zunächst wieder einmal auf dem Eis: der Ausschuss für Verkehr beschloss die Maßnahmen zum Grunderwerb und die Pläne, gab der Verwaltung jedoch den Auftrag weiter zu planen und die Ergebnisse der Planung erneut vorzulegen. Hintergrund waren Bedenken des Umweltamtes, so nah am Moorenbrunnfeld einen Radweg anzulegen.
Am 19. Juli 2024 lagen nach über zweieinhalb Jahren die Pläne erneut im Ausschuss für Verkehr vor. Bis auf geringfügige Änderungen ist es die Planung von Anfang 2022. Neu ist, dass nun auf der Südwestseite der Oelser Straße und des Radweges am Rand des Moorenbrunnfeldes auf einer Strecke von rund 750 Metern 54 Bäume gepflanzt werden sollen. Eine kleine Verschlechterung für einige Radfahrer:innen aus Moorenbrunn ist, dass die direkte Auffahrt aus der Leithastraße entfällt. Positive Nachricht aus der Verwaltung war, dass der Grunderwerb geregelt ist und dass es jetzt konkret an die Umsetzungsvereinbarungen gehen können.
Doch noch einmal kam es in der Sitzung zu einem Rückschlag, diesmal nicht vom Umweltamt, sondern von der CSU, die erneut bat zu prüfen, ob am südlichen Ende des Radweges nicht eine alternative Trasse für die Radvorrangroute über bestehende Gehwege gefunden werden könne, um den Grad der Versiegelung weiter zu senken. Die vorgelegten Pläne wurden zusammen mit diesem Prüfauftrag beschlossen.
Die Frage ist jetzt: Wie lange wird die Realisierung der Radvorrangroute zwischen Nürnberg und Feucht: Route 12 (Moorenbrunn) dadurch verzögert. Weitere Jahre? Und natürlich gibt es auch inhaltlich viel zu kritisieren an der Anregung aus der CSU, die zu einer Unterbrechung der Radvorrangroute führen könnte.
Oelser Straße: Was bedeutet der Prüfauftrag zum Beschluss des AfV vom 19.9.2024 konkret?
Der Prüfauftrag betrifft den südlichen Bereich der 1250 m langen Strecke, die letzten 250 m vor der Bregenzer Straße. Hier soll geprüft werden, ob die Radvorrangroute auf einem Umweg über vorhandene Gehwege bzw. Geh-/Radwege geführt werden kann. Das heißt konkret:
- 160 m dieser Strecke sind 2,5 m breiter Geh-/Radweg (zwischen Südrand des Moorenbrunnfeldes und Leithastraße).
- 65 m entlang der Leithastraße gibt es einen schmalen Gehweg an der Einbahnstraße in Gegenrichtung mit vielen Parkern am Straßenrand.
- 50 m Gehweg unmittelbar vor dem Zugang zu 6 Reihenhäusern schließen sich daran an.
- 30 m Gehweg nach links entlang der Bregenzer Straße führen zur Kreuzung.
Die in den vier Punkten beschriebene Route über Wege des angrenzenden Wohngebietes ist heute nicht durchgängig legal mit dem Rad befahrbar, wird aber in der Praxis genutzt, weil es keine Alternativen gibt.
Anforderungen an eine Route unter Nutzung der Wohngebietswege
Wenn man die Führung über die Wohngebietswegefür die Radvorrangroute 12 in Betracht zieht, dann müssen erhebliche Änderungen an den vorhandenen Wegen vorgenommen werden:
- Es muss berücksichtigt werden, dass diese Strecke - vor allem abends und an Wochenenden – von Spaziergängern auch mit Kindern und Hunden in Richtung Moorenbrunnfeld intensiv genutzt wird (weit mehr als der geplante Radweg an der Oelser Straße) und dass dieser Character auch beibehalten werden soll.
- Gleichzeitig soll auf dieser Strecke die Radvorrangroute in Zukunft von vielen Radfahrenden, darunter Pendlern, als Durchgangsstrecke genutzt werden soll. Dabei ist auch eine Zunahme von e-Bikes, Lastenrädern, und Fahrrädern mit Anhängern einzukalkulieren. Alle müssen sich leicht begegnen und sicher überholen können.
- Dazu müssen alle rechtwinkeligen Knicke beseitigt und durch Führungen mit 45-Grad-Biegungen oder großen Kurvenradien ersetzt werden.
- Die gesamte Strecke ist als Radweg tauglich auszubauen. Die Breite der gemeinsamen Geh-/und Radwege ist durchgängig auf deutlich mehr als 3 m zu erweitern: es sollten mindestens 4 m oder mehr angestrebt werden. Die größere Breite ist auch deshalb erforderlich, weil die die Überhol- und Begegnungsvorgänge sich häufig in Knick- und Kurvenbereichen vollziehen sollen.
Möglicherweise strebt die CSU nicht an, dass der Radweg komplett auf den letzten 250 Metern entfernt von der Oelser Straße geführt wird, sondern nur auf einem Teilstück. Man kann sich insoweit drei Alternativen (siehe Markierungen in beiliegender Karte) vorstellen:
- Die komplette Führung entlang der bestehende Gehwege im südlichen Bereich wie oben beschrieben (orange durchgezogene Linie von gut 300 m Länge in den Karten): sie kommt wegen der Winkel und des fehlenden Platzes praktisch nicht in Betracht.
- Der erste Teil des bestehenden Geh- und Radweges (etwa 160 m) käme unter Bedingungen in Betracht: wenn er deutlich auf ca. 4 m verbreitert wird und auch die Rampe zum nördlichen Teil der RVR an der Oelser Straße auf 4 m verbreitert wird sowie für das Zusammentreffen des von Südwesten kommenden Geh-Radweges eine sichere Lösung entwickelt wird, die den Vorrang der RVR absichert.
- Nach den ersten 160 m kommt weiter in Richtung Süden eine geradlinige Fortsetzung abseits der bestehenden Wege in Betracht; sie ist in der beiliegenden Karte orange gepunktet eingezeichnet. Diese Variante würde aber nicht weniger Versiegelung als der geplante Rad-/Gehweg erzeugen, weil sie durchgängig im bisherigen Grünstreifen verlaufen müsste.
- Es bliebe nach den ersten 160 m dann noch als weitere Variante die Fortsetzung gemäß der grünen Linie der beiliegenden Karte, also eine schräge 4 m breite Rampe hin zum Rad-/Gehweg an der Oelser Straße und die Fortführung an der Oelser Straße wie im bestehenden Plan. Insgesamt ist die Ersparnis an Versiegelung bei Verbreiterung des bestehenden Geh-/Radweges und Abzweig über die grüne Route zum bestehenden Plan nicht sehr groß. Eventuell müssten auch hierbei Bäume weichen.
Erinnerung an Regelmaße für Radvorrangrouten
Unter Berücksichtigung der nationalen Empfehlungen hat die Stadt Nürnberg Regelmaße für Radvorrangrouten festgelegt. Diese Regelmaße sind auch bei diesem Neubau wichtig, weil mit dem gemeinsamen Weg schon abgewichen wird vom Grundsatz aus dem Mobilitätsbeschluss, nach dem "Geh- und Radwege nur in begründeten Fällen nicht getrennt voneinander geführt werden sollen".
Der geplante Geh- und Radweg an der Oelser Straße liegt mit seinen 3,00 m unter dem Regelmaß für Radvorrangrouten vom Typ 1 (Selbstständig geführt außerhalb bebauter Gebiete und/oder in Grünanlagen Gemeinsamer Geh-/Radweg mit Zweirichtungsverkehr), für den 4,0 m – 5,0 m je nach Nutzungsintensität vorgesehen sind. Das Unterschreiten des Regelmaßes ist in dem Ausnahmefall an der Oelser Straße wegen der Konkurrenz des Naturschutzes im Bereich des Moorenbrunnfeldes als Kompromiss gerade noch akzeptabel.
Innerhalb bebauter Gebiete (Typ 2) ist die Flächenkonkurrenz noch größer, daher sind dort für gemeinsame Geh-/Radwege mit Zweirichtungsverkehr noch 3,0 m – 4,0 m je nach Nutzungsintensität vorgesehen. Zu ergänzen ist, dass in Kurven und in Abbiegebereichen grundsätzlich ein größerer Querschnitt erforderlich ist.
Über die Oelser Straße läuft die Radvorrangroute zwischen Nürnberg und Feucht: Route 12 (Moorenbrunn). In den am 19.9.2024 beschlossenen Plänen ist durchgängig ein gemeinsamer Geh- und Radweg mit 3,00 m Breite mit Zweirichtungsverkehr beschlossen worden. Das ist unterhalb der Regelbreite im Typ 1, obwohl genau solch ein Gebiet betroffen ist. Das ist in diesem Ausnahmefall gerade noch akzeptabel.
Dringende Empfehlung des ADFC
Die Stadt sollte zukunftsorientiert handeln und dafür sorgen, dass man auch in 10 oder 20 Jahren noch sagen wird, dass die Anlage der Radverkehrswege an der Oelser Straße vorrausschauend und zukunftsfähig war. Die im AfV am 19.9.2024 vorgelegte Planung sollte unverändert umgesetzt werden. Sie erzeugt weniger Konflikte und ist als Radvorrangroute für Radfahrende wegen ihrer Geradlinigkeit, ihrer transparenten Führung und der durchgängigen Sichtbarkeit der Radfahrenden für Kfz entlang der Oelser Straße, die in die Bregenzer Straße abbiegen wollen, wesentlich besser nutzbar. Jede der Alternativen wäre de facto eine Unterbrechung der Radvorrangroute und schadet dem Radverkehrskonzept der Stadt Nürnberg mit seinem Anspruch, eine zukunftsorientierte Nutzung des Fahrrads zu fördern.