
Gibt es Dooring wirklich?
Gibt es Dooring wirklich?
Nein, es gab keine Debatte über das „Dooring“ im Verkehrsausschuss des Nürnberger Stadtrats. Es ging um ein Stück Sulzbacher Straße, das im Sommer saniert werden soll. – und nach Beschluss des Ausschusses gegen sechs Stimmen nun auch saniert wird.
Gibt es Dooring wirklich?
Nein, es gab keine Debatte über das „Dooring“ im Verkehrsausschuss des Nürnberger Stadtrats. Es ging um ein Stück Sulzbacher Straße, das im Sommer saniert werden soll – und nach Beschluss des Ausschusses gegen sechs Stimmen nun auch saniert wird.
Schon am 13. März 2025 stand dieses Stück Sulzbacher Straße auf der Agenda des Verkehrsausschusses, wurde aber vertagt, weil noch Meinungen, zum Beispiel von der Handwerkskammer, eingeholt werden sollten. Am 3. April 2025 musste nun entschieden werden.
Was hat das mit Dooring zu tun? Nun, Dooring wurde zu einem Argument.
Zwei Anläufe
Schon im März lag der Plan vor, kurz gefasst: Die Fahrbahn für den Kfz-Verkehr, der Radstreifen und der Gehweg sollen verbreitert werden und auch die Haltestelle der Straßenbahn soll eine richtlinienmäßige Erneuerung erhalten. Der Preis dafür sind 17 Pkw-Parkplätze. Besonders die CSU monierte diesen Plan.
Radfahrende kämen aus dem Nichts. Gibt es schon einen Plan für den Busersatzverkehr während der Bauzeit? Nicht alles gleichzeitig machen! So und ähnlich lauteten die Argumente, den Umbau zumindest zu verschieben. Die Radfahrer kommen übrigens aus der Rudolphstraße, die Sperrung der Straßenbahnlinie hatte die VAG bereits am 7.3.2025 im Jahresbauprogramm angekündigt. Mit oder ohne Umbaumaßnahme in der Äußeren Sulzbacher Straße muss saniert und vorbereitet werden, damit Straßenbahnen aus der Äußeren Sulzbacher Straße wieder Richtung Stadtpark fahren können.
Und dann kam auch der Zweifel am Dooring als Argument gegen die Neuverteilung der Straßenfläche zum Einsatz. Sowohl Daniel Frank (CSU) als auch Claudia Bälz (CSU) stellten die Dooring-Gefahr in Frage; fragten, ob es überhaupt schon Dooring-Unfälle gab. Letztlich war die Dooring-Gefahr auf dem heute nur 1,25 m breiten Radfahrstreifen ein wichtiges Argument in der Verwaltungsvorlage.
Was ist überhaupt Dooring?
Mit dem vom englischen Wort für Tür, Door, abgeleiteten Begriff wird beschrieben, dass sich eine Autotür plötzlich vor herannahenden Radfahrenden öffnet. Den Radfahrenden bleibt dann nur, einen ruckartigen Ausweichschlenker zu fahren oder scharf zu bremsen.
Fahren Radfahrende einen Schlenker, begeben sie sich in Gefahr, von Kfz auf der Fahrspur nebenan erfasst zu werden. Viele Kfz-Lenkenden halten sich nicht an die vorgegebenen Seitenabstände, so dass die Gefahr groß ist.
Und was, wenn der Radfahrende bremst? Ist der Radfahrende am Heck des Pkw, dürfte er nur rund 7 km/h fahren, also Schrittgeschwindigkeit, um mit einer Gefahrenbremsung einen Anprall zu vermeiden. Liegt die Radgeschwindigkeit bei 25 km/h, solange unterstützen Pedelecs das Treten, müsste der Radfahrende drei Parkplätze weiter hinten sein, um noch rechtzeitig zum Stehen zu kommen. Diese Werte gelten nur für eine Gefahrenbremsung mit 5,5 m/s². Unerfahrene Radfahrende schaffen das nicht, kräftigere Verzögerungen sind Radprofis vorbehalten – alle anderen stürzen unweigerlich.
Was sagt die Statistik?
Für Dooring-Unfälle gibt es bei der Unfallerfassung durch die Polizei keine separate Kategorie, sie werden meistens als „Unfälle beim Ein- und Aussteigen“ erfasst. Allgemein werden aber regionale Unterschiede vermutet. Auch wird eine hohe Dunkelziffer angenommen.
Häufig knüpfen Untersuchungen an eine Studie der „Unfallforschung der Versicherer (UDV)“ an: „Pkw Heck- und Seitenkollisionen mit Fußgängern und Radfahrern.“ Dort wird festgestellt, dass sieben Prozent der Unfälle zwischen Pkw und Fahrrad Dooring-Unfälle sind. Meistens sind schwere Verletzungen am Kopf oder an den Beinen die Folge.
Mit den sieben Prozent stellen die Dooring-Unfälle eine der häufigsten Unfallarten zwischen Pkw und Fahrrad dar.
Und selbst das Magazin „auto motor sport“, das sicherlich Autofahrenden zugeneigt ist, widmete sich am 20.08.2019 dem Thema Dooring-Unfälle. Bedenklich ist ein Zitat aus dem Bericht: „… wie der Deutsche Verkehrssicherheitsrat beschreibt: „Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Rahmen der Kampagne zeigt: Mehr als jeder zehnte Auto Fahrende (13 Prozent) denkt beim Aussteigen aus dem Fahrzeug selten oder nie daran, dass sich Rad Fahrende von hinten nähern könnten.“
Wie lassen sich Dooring-Unfälle vermeiden?
An erster Stelle steht sicherlich eine gute Infrastruktur: Die Fahrbahnen für Kfz und Fahrräder verlaufen separat, Konfliktpunkte werden vermieden. Parkplätze werden so angeordnet, dass Dooring vermieden wird. So sieht der Königsweg aus, aber unsere Städte kann man deshalb nicht komplett abreißen und neu bauen – Radfahrende wissen das.
Eine weitere Möglichkeit sind Radfahrstreifen und Schutzstreifen, die breit genug sind, dass Radfahrende einen ausreichenden Abstand zu parkenden Pkw halten können. Ein Schutzstreifen sollte typischerweise 1,5 m breit sein, ein Radfahrstreifen 1,85 m. Bei längsparkenden Pkw wird dazu ein Sicherheitstrennstreifen von 0,75 m empfohlen.
Was können Rad- und Autofahrende tun?
Für Radfahrende gilt, sie sollten einen seitlichen Sicherheitsabstand von rund 1 m von parkenden Pkw halten. Äußerste Aufmerksamkeit ist bei längsparkenden Pkw Pflicht. Auch die allgemeine Verkehrsbeobachtung ist wichtig: Hat gerade ein Pkw eingeparkt, muss man mit sich öffnenden Türen rechnen.
Die heute gültige Rechtsprechung geht von rund 1 m Mindestabstand von fahrenden Fahrzeugen zu parkenden Pkw aus. Das gilt für Pkw und Fahrrad gleichermaßen! Radfahrende, die diesen Abstand einhalten, verstoßen nicht gegen das Rechtsfahrgebot; sie halten sich lediglich an die gültigen Regeln. Autofahrende müssen sich dann in Geduld üben. Auf vielen innerstädtischen Straßen entsteht ein De-facto-Überholverbot.
Für die Insassen eines Pkw, die aussteigen wollen, wird der „holländische Griff“ empfohlen: Die linke Tür wird mit der rechten Hand, die rechte Tür mit der linken Hand geöffnet. So kommt der Insasse automatisch zum Schulterblick und sieht Radfahrende (aber auch zu Fuß gehende) an der Seite des Pkw.
In den Niederlanden gehört diese Art des Türöffnens zur Fahrschulausbildung. In Großbritannien ist er Teil des „Highway Codes“, den Verhaltensregeln im Straßenverkehr. Auch in Deutschland wird zu diesem Griff geraten – vom ADFC, von der UDV, vom Verkehrssicherheitsrat und auch von Automobilclubs.
Was beschloss der Nürnberger Verkehrsausschuss?
Gegen die Stimmen der CSU wurde der Radfahrstreifen zwischen der Rudolphstraße und der Hauptverwaltung der Handwerkskammer beschlossen. Der Radfahrstreifen ist 2 m breit, in Teilen sogar 2,35 m. Auf Höhe von Hausnummer 9 wird er zum Hochbord-Radweg, der heute schon vorhanden ist.