
Radstreifen-Lücke in der Ziegelsteinstraße © Albrecht Steindorff
Kein Moratorium beim „Radwegebau“! Es muss endlich vorangehen!
Ganz Nürnberg stöhnt unter der Vielzahl von Baustellen und ärgert sich darüber, in welcher Art sie abgewickelt und verzögert werden – nicht zuletzt wir Radfahrenden!
Ganz Nürnberg stöhnt unter der Vielzahl von Baustellen und ärgert sich darüber, in welcher Art sie abgewickelt und verzögert werden – nicht zuletzt wir Radfahrenden! Trotzdem war der ADFC Nürnberg entsetzt, dass die CSU-Stadtratsfraktion jetzt ein Moratorium für neue Baustellen ins Gespräch brachte. Denn davon wäre insbesondere die Umsetzung von mindestens 40 Plänen zugunsten des Radverkehrs betroffen, die vom Stadtrat bereits (teils vor vielen Jahren) beschlossen, aber bislang nicht umgesetzt wurden.
Manche Autofahrer haben das Gefühl, sie müssten sich über viele lästige Baustellen ärgern, weil so viel für die Radfahrenden getan würde. Denn quasi ständig lesen sie in den Medien von neuen Planungen für den Radverkehr. Die Realität auf der Straße sieht aber leider ganz anders aus: die Baumaßnahmen im Radverkehrsbereich, die schon letztes Jahr „sehr überschaubar“ waren (wir berichteten hier), dürften in diesem Jahr noch weiter zurück gehen. Schon in der Verkehrsausschuss-Sitzung im Januar wurde nur ein minimales „Radwege-Bauprogramm“ (bei dem es nicht um „Radwege“ im Wortsinne geht) beschlossen und dann hieß es trotzdem „Was von SÖR tatsächlich gebaut wird, ist es etwas ganz anderes“, nämlich viel weniger.
Im ersten Halbjahr 2025 geschah nur ganz wenig: Der Weg vom Nordostbahnhof durch die Kleingartenanlage zur Klingenhofstraße wurde besser befestigt und asphaltiert, im Abschnitt der Klingenhofstraße südlich der Gräfenbergbahn (demnächst Fahrradstraße) gab es einen neuen Belag. Die Sybelstraße wurde durch die Markierungen und neue Schilder endgültig zur Fahrradstraße. In der Sperberstraße westlich der Pillenreuther Straße läuft der Umbau, durch den der Abschnitt u.a. zur Fahrradstraße wird. In diesen Tagen wird der Radstreifen auf der Westseite der Gibitzenhofstraße südlich der Brehmstraße verbreitert. Das war es auch schon!
Warum passiert so wenig? Als ein Grund wird seit einiger Zeit „Personalmangel“ genannt. Den gibt es sicherlich, aber warum trifft er gerade Maßnahmen für den Radverkehr so extrem? Bauvorhaben für U-Bahn, Straßenbahn und Bus ruhen z. B. keineswegs, wie wir z.B. am Rathenauplatz und Umgebung merken, auch die Umgestaltung des Obstmarktes zu einem „shared space“ wurde gestartet, die Pflasterarbeiten in der Altstadt gehen voran, das U-Bahngeschoss an der Lorenzkirche wird aufwändig saniert usw. usf. Fehlt es an einer Stelle in der Stadtverwaltung, die die Umsetzung der beschlossenen Fahrrad-Pläne vorantreibt und vorantreiben darf?
Als weiterer Grund wird das Ausbleiben von Zuschüssen des Bundes genannt. Ursache ist einerseits, dass im Herbst 2023 der Klimaschutzfond gekippt wurde, andererseits, dass der Bund durch das Platzen der Ampelkoalition, die anschließenden Neuwahlen und die zweitaufwändige Regierungsbildung lange ohne gültigen Haushalt für 2025 war. Zudem gibt es einen Antragsstau bei der wohl unterbesetzten Dienststelle „ZUG“, bei der die Stadt ihre Zuschussanträge einreichen muss, denn auch andere Kommunen wollen Zuschüsse haben.
Aber kann es nicht auch Hilfe von anderer Seite geben? Ministerpräsident Söder kam extra zum „ersten Spatenstich“ für die Radschnellverbindung nach Erlangen in die Friedrichstraße. Das signalisiert doch ein Interesse des Freistaates an diesem Projekt. Warum wird bei der Radschnellverbindung nur auf Bundeszuschüsse gesetzt? Bei anderen Projekten (z.B. neues Opernhaus, neues Stadion, Frankenschnellweg) hat der Freistaat eine großzügige Unterstützung der Stadt Nürnberg angekündigt. Warum nicht auch beim Radverkehr? Durch den Stau bei den Baumaßnahmen schöpft die Stadt Nürnberg ihren - erfreulicher Weise immer noch bestehenden - „Radwegebau-Etat“ von 10 Mio € jährlich keineswegs aus. Angeblich darf er wegen der angespannten Finanzlage der Stadt aber nicht genutzt werden, soweit Zuschüsse zu erwarten sind. Aber sind wirklich „Zuschüsse zu erwarten“, wenn sie vielleicht in vier oder fünf Jahren kommen? Im Zusammenhang mit anderen Projekten, insbesondere beim Frankenschnellweg wird stets betont, dass Verzögerungen und Verschiebungen zu Kostensteigerungen führen, weil die Baukosten Jahr und Jahr steigen. Das gilt sicherlich auch für Baumaßnahmen zugunsten des Radverkehrs. Wäre es womöglich sogar billiger, den städtischen Radwegebau-Etat jetzt zu nutzen, um auf „eigene Kosten“ ohne Zuschüsse zu bauen, anstatt Jahre später zu höheren Kosten mit Zuschüssen?
Welche Pläne sind von dem weitgehenden faktischen Baustopp betroffen? Ein prominentes Beispiel ist die Schließung der Radstreifen-Lücke in der Ziegelsteinstraße, für die bereits 2018 erstmals Pläne beschlossen wurden. Auch 2025 wird hier nichts geschehen. Auch die Fahrradstraßen im Verlauf der „Radschnellverbindung“ nach Erlangen nördlich der Friedrichstraße und der Umbau des Kleinreuther Wegs sind betroffen. Eine vollständige Liste der betroffenen Pläne, die uns bekannt sind, findest Du hier. Nicht alle diese Pläne sind aus Sicht des ADFC wirklich gut gelungen, vieles betrifft nicht die großen Probleme des Nürnberger Radverkehrs. Oft hatten wir uns noch fahrradfreundlichere Lösungen gewünscht und hatten dies leider vergeblich gegenüber Stadtverwaltung und Stadtratsfraktionen vorgetragen. Aber in kaum einem Fall ist es für den Radverkehr besser, gar nichts zu tun als die beschlossenen Pläne umzusetzen. Darum darf es jetzt kein Moratorium geben, die Radverkehrsförderung muss im Gegenteil wieder Tempo aufnehmen!