Unsere Position zu aufgeweitete Aufstellflächen für Radfahrer:innen
Aufgeweitete Aufstellflächen: was spricht dafür und was dagegen? Die Meinungen dazu sind bei den Radler*innen durchaus geteilt.
Seit ungefähr zehn Jahren gibt es auch in Nürnberg aufgeweitete Aufstellstreifen für Radler*innen (Der erste Streifen wurde in der Pilotystraße angebracht). Die Beurteilung aus Sicht der Nutzer*innen ist uneinheitlich.
1. Vorteile, wenn wir bei Rot ankommen
Unbestritten sind die Vorteile, wenn wir an einer Ampel ankommen, die eindeutig und noch nicht sehr lange Rot ist. Dann haben wir die Möglichkeit ganz nach vorn zu rollen, uns vor den Kfz aufzustellen und als erste starten zu können, wenn die Ampel auf Grün springt. Wir müssen dann nicht mehr den Weg von Autos kreuzen, die geradeaus fahren wollen.
2. Kaum Nutzen, wenn wir bei Grün ankommen
Kommen wir hingegen bei Grün ankommen, bieten die aufgeweiteten Aufstellflächen kaum Vorteile. Von hinten kommender Kfz-Verkehr muss dann wie üblich abgewartet und vorbeigelassen werden. Wir müssen die übliche Regelung einhalten: Umschauen, anzeigen, noch mal umschauen, dann nach links ausscheren. Wenn sich keine Lücke im fließenden Verkehr anbietet, bevor wir die Kreuzung erreichen, müssen wir am Straßenrand warten und geraten dabei womöglich mit uns folgenden Radler*innen in Konflikt, die geradeaus fahren wollen.
3. Gefahren, wenn wir genau in dem Moment ankommen, in dem die Ampel umspringt
Von Gefährdungen haben Radler*innen berichtet, die genau in dem Moment zu einer Ampel kommen, in dem diese von rot auf gelb und dann auf grün wechselt. Hier scheint unklar zu sein, ob die Radler*innen noch auf den Aufstellstreifen wechseln dürfen und sollen, wenn die Ampel bereits auf Gelb steht. Müssen die Autos warten, wenn die Radler*innen die Aufstellfläche erst dann vollständig erreicht haben, wenn die Ampel auf Grün gesprungen ist? Diskutiert wurde der Wunsch, gleichzeitig mit der allgemeinen Gelb-Ampel eine Zusatzampel nur für Radverkehr zu schalten, die dann schon grün zeigt.
Wenn aufgeweitete Aufstellstreifen angebracht werden, sollten sie mindestens 3 m lang sein. Denn dann sind sie auch für Räder mit Anhängern, Lastenräder und Liegeräder geeignet. (ERA Punkt 4.4.2. schreibt 3,00 bis 5,00 m lang; Begründung in 2.2.5).
Laut ERA kommen „aufgeweitete Aufstellstreifen vorrangig in Knotenpunktzufahrten mit längeren Sperrzeiten in Frage, damit die Mehrzahl der Radfahrer den Aufstellstreifen auch nutzen kann“. Bei gleichmäßiger Verteilung des Radverkehrs ist dann in der Tat die Wahrscheinlichkeit größer bei rot anzukommen als bei Gelb oder Grün. Das kann aber anders sein, wenn vorher nicht allzu weit entfernt auch schon eine Ampel ist. Dann kommt Radverkehr oft im Pulk an, bei fahrradfreundlicher LSA-Regelung bei grün.
Auch wenn wir von einer aufgeweiteten Aufstellfläche starten, müssen wir den entgegen kommenden Verkehr irgendwo in der Mitte der Kreuzung abwarten. Da ist es nicht immer leicht, zwischen dem Autoverkehr in die verschiedenen Richtungen einen Platz zu finden, an dem wir uns einigermaßen sicher fühlen.
Auf jeden Fall machen es aufgeweitete Aufstellflächen nicht überflüssig, auch indirektes Linksabbiegen sicher und einigermaßen zügig zu ermöglichen. Auf guten Möglichkeiten zum indirekten Linksabbiegen muss das Hauptaugenmerk liegen. Der Idealfall für indirektes Linksabbiegen sind sog. „geschützte Kreuzungen“ nach niederländischem Modell. Maßnahmen für indirektes Linksabbiegen von Radler*innen sind umso dringender, je kürzer die Rotphasen sind.
Es besteht aber nie eine Verpflichtung die aufgeweiteten Aufstellflächen zu nutzen. Es bleibt erlaubt, sich schon vorher zum Linksabbiegen einzuordnen und dazu ggf. einen Radstreifen zu verlassen
Indirektes Linksabbiegen ist für Radler*innen nach § 9 Abs. 2 StVO auch immer möglich und zulässig und muss von der Stadt (Straßenverkehrsbehörde) nicht extra zugelassen werden.